Urlaub mit dem eigenen Pferd - die rechtliche Sicht: Außer Spesen nix gewesen...
Heiß
ersehnt und endlich in greifbarer Nähe: die Ferienzeit. Für uns Reiter
gibt es kaum etwas Schöneres, als mit dem eigenen Pferd zu verreisen.
Leider sind aber oft die Versprechungen in Prospekten groß und die
Enttäuschung anschließend ebenfalls, wenn das Angebot nicht stimmt.
Was
kann man tun, um solche Enttäuschungen zu vermeiden und welche
rechtlichen Möglichkeiten hat man, wenn das Pferd mit einer Kolik wegen
verschimmelter Silage in der Klinik steht? Der folgende Artikel
beschreibt die möglichen Probleme
eines Reiterurlaubs und welche Ansprüche man im Schadensfall hat.
An einfachsten sind mögliche Schwierigkeiten anhand einer kleinen Geschichte darzustellen, die hier zur Verdeutlichung ein bisschen überzeichnet wurde. Einzelne Mängel könnten sich jedoch jederzeit so abgespielt haben.
Die Urlaubsplanung
Zwei Freundinnen, Lara und Monika, planen zusammen mit ihren
Pferden auf die Lightning’s Ranch zu fahren, die Monika aus
Jugenderinnerungen bekannt ist, als es sich noch um eine kleine
Reiterpension handelte. Man lässt sich von der Ranch den aktuellen
Prospekt schicken. Er verspricht große Außenboxen, individuell
zusammenstellbares Futter, täglichen Weidegang, Ausbildung in allen
Westerndisziplinen durch einen amerikanischen Trainer, 100 Kilometer
Reitwege, die direkt am Stall beginnen. Für den Menschen soll ebenfalls
ausreichend gesorgt sein. Darauf hin buchen die beiden einen
zweiwöchigen Urlaub, der auch per Fax bestätigt wird.
Sicher ist sicher...
Die Planung beginnt beim Transport: Lara ist Eigentümerin und Fahrerin des Gespanns und nimmt Monikas Pferd unentgeltlich mit. Hier sollte die Gespannführerin wissen, dass sie sicherheitshalber eine Transportversicherung abschließen sollte, um bei einem selbstverschuldeten Unfall abgesichert zu sein. Außerdem ist in diesem Fall das Be- und Entladen, ein oft unfallträchtiges Vorgehen, mit versichert. Nach fünf Stunden Fahrt kommen die beiden am Urlaubsort an.
Die Unterbringung
Als erstes stellt sich heraus, dass der Stall- und Pensionsbesitzer
zwar die Buchung für Lara und Monika, nicht aber für die beiden Pferde
aufgenommen hatte. Anstatt der versprochenen Außenboxen werden
schnellstens zwei Innenboxen freigemacht, deren eigentliche Bewohner nun
auf der Koppel übernachten müssen. Für Laras Santo ist dies nicht ganz
unproblematisch, weil er chronische Atemprobleme hat und daher in einer
Innenbox, die sich noch dazu neben dem Heulager befindet, sofort zu
husten beginnt. Der Stallbesitzer verspricht, dieses Problem
„schnellstmöglich“ aus der Welt zu schaffen, d.h. ein anderes Pferd
umzustellen.
Manch' einen sticht der Hafer...
Das „individuelle Futter“ sollte üblicherweise aus Hafer und Pellets bestehen. Letzere sind leider gerade ausgegangen und die nächste Lieferung kurzfristig nicht in Sicht. Damit kann nun Monikas Pferd, die temperamentvolle Araberstute Aisha, nur schlecht leben: Erfahrungsgemäß wird sie nach zwei Tagen dieser Fütterung sprichwörtlich vom Hafer gestochen...
Vorsicht bei Stacheldraht
Monika ist allerdings zuversichtlich, dass durch den täglichen Weidegang ein Großteil der Haferfütterung ohnehin entfallen kann. Bei genauerer Besichtigung der Koppel stellt sich allerdings heraus, dass diese ehemalige Rinderweide immer noch mit stromgeladenem Stacheldraht umzäunt ist.
Durch die erste Besichtigung etwas entnervt, beschließen die
beiden, erst einmal eine Nacht darüber zu schlafen. Dann wollen sie
entscheiden, ob sie sofort nach Hause fahren oder ob sich die Mängel
vielleicht doch noch beheben lassen. Für die menschliche Unterbringung
bleibt noch zu sagen, dass die Zimmer mit Bad und WC leider auch schon
vergeben waren. Man muss nun aufs „indische Örtchen jenseits des
Ganges“...
Good bye American Training
Am nächsten Tag scheint wenigstens die Sonne programmgemäß und die Welt sieht gleich viel freundlicher aus. Die beiden wollen nun doch bleiben und sich darauf zu verlassen, dass der Stallbesitzer sowohl das Boxen- als auch das Futterproblem lösen wird. Schließlich sind sie hierher gekommen, um in ihrer Ausbildung voranzukommen: Santo soll kurz nach dem Urlaub seine erste Open Reining bestreiten und Aisha ist eine begabte Pleasure- und Trail-Stute, die ihr bereits erreichtes Niveau noch verfestigen möchte.
Also macht machen sich Lara und Monika auf den Weg zu Reithalle, deren Größenangaben mit 60 x 20 m richtig angepriesen war. Dort stellt sich heraus, dass der amerikanische Trainer bereits vor drei Monaten gekündigt hat und der Unterricht nun vom Auszubildenden im ersten Lehrjahr durchgeführt werden soll. Bisher hat er hauptsächlich Anfänger beaufsichtigt...
Bevor
Lara und Monika nun endgültig abreisen, wollen sie noch einen kleinen
Ausritt machen, damit sich die Tiere ein wenig die Beine vertreten
können. Zu den vom Prospekt beschriebenen Reitwegen muss man heute (im
Gegensatz zur Erinnerung von Monika aus den siebziger Jahren) eine halbe
Stunde an der Bundesstraße entlang reiten. Aisha ist für derartige
Experimente nicht zu gebrauchen. Es bleibt nur noch die Abreise.
Die rechtliche Sicht
Durch die Buchungsbestätigung des Stallinhabers ist ein Vertrag geschlossen worden, dessen Inhalt bzw. die einzelnen Leistungsinhalte sich nach dem Prospekt richten. Das umfasst hier alle Einzelheiten, die oben in der Schilderung genannt wurden. Geht man von dem vorliegenden Beispiel aus, dass wirklich keine der versprochenen Leistungen auch erfüllt wurde, kann man den Vertrag kündigen und abreisen. Für spätere Beweiszwecke ist es sicherlich anzuraten, sich die Mängel vom Stallinhaber bestätigen zu lassen, Fotos anzufertigen (z.B. von der Stacheldrahtweide oder den Boxen etc.). Die erste Konsequenz ist für den Urlauber, dass er natürlich seinen Reisepreis nicht bezahlen muss.
Wer ersetzt den Schaden?
Was aber ist mit den Kosten, die durch die Anfahrt entstanden sind (Anhängermietpreis, Treibstoff, Transportversicherung etc.), und mit den sog. „entgangenen Urlaubsfreuden“ , also dem finanziellen und immateriellen Schaden, der entstanden ist? So kann Lara zum Beispiel ihren Urlaub nicht beliebig auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
Die Pflichten des Stallinhabers
Der Stallinhaber wusste, dass die Angaben in seinem Prospekt nicht zu erfüllen waren, und trotzdem hat er den Aufenthalt nach Zusendung des Prospektes so bestätigt. Deswegen haftet er auf Schadensersatz. Die Berechnung der finanziellen Höhe ist bei den Reisekosten relativ einfach. Die tatsächlich entstandenen Kosten müssen erstattet werden. Schwieriger wird es bei den „entgangenen Urlaubsfreuden“ bzw. den nun nicht entsprechend nutzbaren Ferientagen der beiden. Hier schuldet der Stallinhaber für die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld.
Was ist eine „Beeinträchtigung“?
Für die Höhe sind viele unterschiedliche Aspekte entscheidend: zum
Beispiel die Schwere der Beeinträchtigung, Höhe des Reisepreises,
Einkommensverhältnisse des Reisenden und ob ein Ersatzurlaub in einem
anderen Ort verbracht werden kann. Schon an der Aufzählung sieht man,
wie schwierig es im Einzelfall ist, einen angemessenen Betrag zu
definieren. Bei Reiterreisen wiegen die Mängel, die mit diesem Sport
zusammenhängen, sehr schwer, da das Reiten der Hauptzweck der Reise
ist.
Das Landgericht Frankfurt/Main hält einen Tagessatz von 72 Euro pro Peraon für angemessen (LG Frankfurt/M. NJW-RR 03, 640).
Wenn's nicht ganz so schlimm ist...
Der vorliegende Fall ist sicherlich ein Extrembeispiel, der zur sofortigen Abreise führte. Liegen nur wenige Mängel vor, die der Urlauber hinnimmt, so sollte er diese dem Betreiber nennen und um Abhilfe bitten. Sicherheitshalber sollte er sich dies vom Stallbetreiber selbst und/oder einem Zeugen zusätzlich bestätigen lassen. Die Folge ist, dass man den Endpreis mindern kann. Werden die Mängel nicht abgestellt und ist der Aufenthalt dadurch „erheblich beeinträchtigt“, kann man abreisen und nur den Teil bezahlen, der bereits „abgewohnt“ wurde. Hier sollte man im Auge behalten, dass man diese Kosten mit einem eventuellen Schadensersatz (s.o.) verrechnen kann. „Erheblich“ ist bei einem Urlaub mit Pferden sicherlich, wenn die Gesundheit des Tieres gefährdet ist, trotz Prospektankündigung kein Ausreitgelände vorhanden oder kein entsprechender Unterricht möglich ist.
Der Stallbetreiber hat grundsätzlich dafür zu sorgen, dass von der Reitanlage keine Gefahren für Mensch und Tier ausgehen. Verletzt sich ein Pferd an unsachgemäß ausgestatteten Boxen oder bekommt es verdorbenes Futter, so hat er für die daraus entstandenen Schäden Schadensersatz zu leisten. Das sind: Tierarzt-, Klinik- und Transportkosten und eventuell der oben bereits beschriebene immaterielle Schaden durch entgangene Urlaubsfreuden. Bei der Heilbehandlung bekommt man auch dann die Kosten ersetzt, wenn diese den Wert des Tieres erheblich übersteigen (§ 251 Abs. 2, S.2 BGB).
Die Sache mit dem Beweis
Abschließend ist natürlich zu bemerken, dass die Reisenden die
Beweispflicht dafür haben, dass der Schaden am Tier tatsächlich auf ein
Fehlverhalten des Stallinhabers zurückzuführen ist. Was bei einem
rostigen Nagel in der Box, an dem sich das Pferd offensichtlich das Auge
verletzt hat, relativ einfach ist - bei der Kolik nach unsachgemäßer
Fütterung ist dieser Beweis sehr viel schwieriger anzutreten. Hier wird
ein tierärztliches Gutachten erforderlich sein, das schlüssig beweist,
dass die Erkrankung durch das Futter hervorgerufen wurde und keine
andere Ursache möglich war.
Vorsicht ist besser als Heilung
Es sei daher jedem angeraten, sich einen Urlaubsstall wenn möglich vorher genau anzusehen und mit dem Betreiber abzusprechen, welche reiterlichen Aktivitäten für den Reisenden wichtig sind. So sind grobe Enttäuschungen von vornherein zu vermeiden.
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